„Ich habe „Ja“ gesagt“. So lautet die Bildüberschrift des ersten Tweets von Bundeskanzler Olaf Scholz am Tag seiner Vereidigung. Sie bezieht sich auf dessen Antwort auf die Frage der Bundestagspräsidentin, ob er die Wahl annehme und zeigt: Nicht zuletzt in der Kommunikation der Bundesregierung zeichnet sich eine Zäsur ab.

Gemeinsamkeiten und Streitpunkte der Koalitionäre waren bereits vor Abschluss der Koalitionsverhandlungen weitgehend absehbar. Man hat sich geeinigt, nun beginnt die Arbeit. Seit vergangener Woche steht das Kabinett. Es ist wie angekündigt paritätisch besetzt und hat sogar zwei jüngste Mitglieder : Außenministerin Annalena Baerbock und Familienministerin Anne Spiegel feierten am 15. Dezember ihren 41. Geburtstag.

Bündnis 90/Die Grünen und FDP hatten ihre Ministerinnen und Minister bereits einige Tage vor den Sozialdemokraten vorgestellt. Begleitet von Hoffnungsbekundungen einer breiten Öffentlichkeit hat sich bei den Grünen intern Cem Özdemir gegen den Parteilinken Anton Hofreiter durchgesetzt und erhielt das Landwirtschaftsministerium. Ansonsten verlief die Benennung wie zuvor die Verhandlungen: geräuscharm und ohne große Überraschungen – bis auf eine. Viele politische BeobachterInnen hatten nicht mit Christine Lambrecht (SPD) als neue Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt gerechnet. So sehr die Problemstellen bei der Bundeswehr auf der Hand liegen, so sehr hätten sich viele eine Ministerin oder einen Minister mit einschlägigen Erfahrungen gewünscht. Dass diese in der Führung des BMVg fehlen, entwickelt sich bereits zu einer Art Tradition und könnte sich noch als problematisch für die neue Regierung erweisen.

Der neue Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hingegen hat in letzter Zeit unter Beweis gestellt, dass er größere Teamplayer-Qualitäten besitzt, als ihm unterstellt wurde. Seine Expertise in der Pandemie und nicht zuletzt seine Popularität ließen Olaf Scholz bei der Besetzung des Bundesministeriums für Gesundheit nicht mehr an ihm vorbeikommen.

Die Klimaschutz-Achse

Eine unvorhergesehene Personalentscheidung ist die Besetzung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) mit Svenja Schulze. Des Weiteren dürfte eine Reformierung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) anstehen. Dass deren Vorstandsmitglied Thorsten Schäfer-Gümbel und Schulze seit langer Zeit miteinander bekannt sind, wird dabei sicherlich hilfreich sein. Die vormalige Bundesumweltministerin nimmt zudem einen Vertrauten mit in ihr neues Haus: Der ehemalige Präsident des Umweltbundesamtes, Jochen Flasbarth, wird Schulze künftig als Staatssekretär unterstützen. Er hatte in derselben Rolle schon im BMU für sie gearbeitet. Dort übernimmt nun die Grüne Steffi Lemke, die sich in einer geschlossenen Reihe grün geführter Ressorts mit Umwelt- und Klimakompetenzen wiederfindet und hier gerade im Inland – etwa beim Artenschutz – Reformen wird anstoßen können. Allerdings werden die großen Weichen im Ausland gestellt:

„Dem Auswärtigen Amt wird aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz die Zuständigkeit für die internationale Klimapolitik übertragen“, heißt es in einem Organisationserlass des Bundeskanzlers vom 8. Dezember . Diese Übertragung ist neben den umfassenden Klimaschutzkompetenzen in Habecks mächtigem Wirtschaftsministerium wahrscheinlich eine der bedeutendsten für die Grünen. Sie wird Annalena Baerbock die Möglichkeit geben, ihr oberstes Wahlkampfthema Klimaschutz zu besetzen. Zugleich wird Baerbock es sein, die für Deutschland auf internationaler Bühne die Klimakonferenzen verhandelt. Das Auswärtige Amt und seine Chefin werden nach Heiko Maas wieder Sichtbarkeit gegenüber dem Kanzleramt zurückgewinnen. Bislang sieht es so aus, als habe der Bundeskanzler verstanden, dass eine starke Außenministerin vor dem Hintergrund des Friedens in der Ampel auch in seinem Interesse ist.