Public Affairs Management – also die strategisch angelegte und systematische Arbeit an der Schnittstelle zwischen Unternehmen einerseits sowie Politik und Gesellschaft andererseits – hat in den letzten Jahren massiv an Wichtigkeit gewonnen. Immer mehr Unternehmen haben entsprechende Funktionen und Bereiche im Unternehmen aufgebaut oder denken darüber nach. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: massiv zugenommene Regulierungsbestrebungen in Brüssel und Berlin, eine zunehmende Komplexität des relevanten Stakeholder-Umfeldes sowie die gegenwärtige Entwicklungsdynamik insbesondere in technologischer, geopolitischer und gesellschaftlicher Hinsicht.

In der Regel schreibt man diesen Bereichen eine klare Rolle zu: Sie gelten als Vermittler zwischen der Innen- und Außenwelt des Unternehmens. Ihre wesentliche Verantwortung ist das Antizipieren und Einordnen zukünftiger Diskurse und Regulierungsvorhaben von außen und damit die Erlangung eines internen Zeitvorteils; darüber hinaus sind sie für die Positionierung des Unternehmens und die Interessenvertretung zuständig. So weit, so bekannt.

Ein anderer Aspekt der Public Affairs-Arbeit – und damit eine wichtige Rolle der Public Affairs-Abteilung – wird dabei häufig übersehen: die Moderation unternehmensinterner Aushandlungsprozesse zu übergreifenden, politischen und gesellschaftlichen Diskursen. Aus dem Business-Alltag kennen wir alle das Auftreten konfligierender Ziele bei der strategischen und operativen Gestaltung des Unternehmenskurses. Nicht immer lassen sich diese Konflikte innerhalb der Grenzen der jeweiligen verantwortlichen Bereiche lösen; übergreifende Diskussion und Kollaboration sind gefragt. Oft haben sich die ‚Eigner‘ solcher Aushandlungsprozesse eher emergent entwickelt: qua persönlichem Gestaltungsanspruch etwa, qua Seniorität und der damit verbundenen zugeschriebenen Lösungskompetenz oder manchmal auch per Vorstandsauftrag.

Auch im Public Affairs Management gibt es sie, diese teils widerstreitenden Sichten auf ein Thema. Nehmen wir als Beispiel die europäischen Regulierungsvorhaben rund um Sorgfaltspflichten in globalen Lieferketten: Der Blick auf dieses Thema ist sicher zunächst einmal grundsätzlich beeinflusst durch die Werte und Haltungen des Unternehmens zu diesem Thema – und natürlich das eigene Geschäftsmodell. Im Detail weichen die Perspektiven aber durchaus ab; was dem Nachhaltigkeitsbereichsleiter naheliegend und wünschenswert scheint, weil es Struktur und Relevanz für die eigene Arbeit verspricht, wird vom Legal Counsel vor dem Hintergrund der teilweise sogar strafrechtlichen Risiken naturgemäß ganz anders gesehen. Zusätzlich hat die Public Affairs-Arbeit auch eine aktive externe Dimension, für die sich in der Regel die Chefs der Unternehmenskommunikation verantwortlich sehen. Wo der Public Affairs-Verantwortliche gern in sichtbare externe Aktivitäten gehen würde (wie die öffentliche Beteiligung an Konsultationsprozessen, das Platzieren von Positionspapieren etc.), kommt der Unternehmenssprecher eventuell – und durchaus rollenkonform – zu einer anderen Einschätzung. Eine systematische Bearbeitung solcher divergierender Bedürfnisse und Wünsche tut also Not.

Aber wo und wie? Hier besteht nach meiner Einschätzung ein nicht zu unterschätzender Gestaltungsspielraum für die Public Affairs-Abteilung. Sie könnte und sollte sich sprichwörtlich an die Spitze der Bewegung setzen: Zur gelernten Rolle des politischen Sprachrohrs nach außen und des Rückkoppelns externer Entwicklungen in das Unternehmen käme nun eine dritte Facette – die Prozesshoheit für die notwendigen Aushandlungsprozesse rund um die skizzierten Ziel- und Interessenskonflikte. Die Umsetzung dieses naheliegenden Gedankens wiederum braucht einige Voraussetzungen. Dazu gehören:

• eine klare und sichtbare Bekundung der Rollenübernahme und der damit zusammenhängenden Rechte und Pflichten, verbunden mit einem beispielsweise durch den Vorstand erteilten Mandat,

• das Etablieren eines geeigneten Formats für den Austausch mit den unterschiedlichen Interessensträgern im Unternehmen,

• die Definition und in der Folge Bereitstellung der nötigen Inhalte, Bewertungslogiken, Dokumentationsverfahren, die am Ende eine bewusste Entscheidung über die gemeinsame Position, den adäquaten ‚Kommunikationshebel‘ zur Vermittlung derselben (aktiv oder reaktiv, direkt oder über Vermittler wie Verbände etc.) und – last but not least – auch die nutzbaren Spielräume für die Erzielung von Kompromissen ermöglichen.

Das systemische Implementieren einer solchen Mediationsrolle für den Bereich Public Affairs hat aus der Perspektive der Organisationsentwicklung einen interessanten Nebeneffekt: Nicht nur wird die Stringenz und Konsistenz der externen Positionierung des Unternehmens als gesellschaftlicher Akteur gestärkt. Darüber hinaus erfährt die Public Affairs-Abteilung durch eine aktive Kommunikation der eigenen Rolle zusätzliche und positive Aufmerksamkeit als eine konstruktive Kraft, die Probleme nicht nur aufzeigt, sondern vor allem auch löst.

Sie wollen wissen, wie das geht? Wir wissen es. Sprechen Sie uns dazu gern an.