Die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag wird nicht nur zu einer neuen Regierungskonstellation führen. Mit jeder neuen Wahl ändert sich die Zusammensetzung des Bundestages gravierend. Zwischen 25 und 40 % der Abgeordneten sind neu, die meisten haben bereits eine politische Laufbahn hinter sich, nur wenige sind Quereinsteiger. Die neue Zusammensetzung und die neue Rollenverteilung zwischen Regierung und Opposition führt zu mitunter gravierend neuen Konstellationen in den Ausschüssen sowie wichtiger Rollen und Zuständigkeiten im Parlament und in den Fraktionen.
Für Interessenvertreter kann dies den Verlust von wichtigem Beziehungskapital bedeuten. Vertrauen und politische Kontakte, die über jahrelang aufgebaut wurden, müssen zum Teil neu erarbeitet werden. Da feste Zuständigkeiten erst nach der Vereidigung der Bundesregierung verteilt werden, bietet die Zeit bis zur Vereidigung, in der sich die neuen Abgeordneten mit ihrer Aufgabe zurechtfinden, ein ideales Zeitfenster zum Aufbau neuer Kontakte. Basierend auf dem politischen Werdegang kann diese Ansprache sehr gezielt und frühzeitig erfolgen.

Zu dieser Bewertung gehört aber auch, die intrafraktionellen Dynamiken zu berücksichtigen. So können die Wahlergebnisse 2021 zu deutlichen Verschiebungen innerhalb der Fraktionen führen. Zwischen direkt gewählten Abgeordneten und Vertreter der Landeslisten, zwischen neuen, jungen Abgeordneten und alten Hasen, zwischen Kritikern von außen und den Arithmetikern der Macht. Schon heute zeichnen sich in der SPD und in der CDU solche gravierenden Verschiebungen an. Diese Veränderungen werden sich nicht nur auf die Koalitionsverhandlungen, sondern auch auf die darauffolgende Koalitions- und Regierungsarbeit auswirken, denn die Parteispitzen müssen, um sich den Rückhalt ihrer Fraktionen zu sichern, den Forderungen der internen Machtzentren Rechnung tragen. Für Unternehmen und Verbände ergeben sich die Implikationen eines neuen Bundestags damit nicht nur aus neuen Ansprechpartnern und veränderten Zuständigkeiten, sondern vielmehr aus den möglichen neuen Machtkonstellationen innerhalb der Fraktionen, die die politischen Handlungsspielräume deutlich einschränken können.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, die Zusammensetzung des neuen Bundestages und mögliche Akteurskonstellationen innerhalb der Fraktionen durchzuspielen. JK analysiert dazu die Wahlkreise und deren Kandidaten und entwickelt ein Plenum aller Abgeordneten, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in den Bundestag einziehen werden. Dieses Modell erlaubt es, 999 potenzielle Bundestagsabgeordnete frühzeitig zu identifizieren und sich auf diese vorzubereiten. Anhand dieses Modells prognostizieren wir Veränderungen in Positionen, Themen und Rollen im Parlament und den Fraktionen.